Ein Blick zurück auf das Schreibjahr 2019
Frohes neues Jahr! Die Goldenen 20er sind zurück, und bevor wir uns alle in Jazzclubs stürzen und beim Charleston verausgaben, wollte ich noch einmal einen Blick zurückwerfen. Was mein Autorenleben angeht, war 2019 sehr voll und zufriedenstellend – ich habe viele neue Leute kennengelernt, fünf Kurzgeschichten veröffentlicht, war für einen Preis nominiert und habe weitere fünf Kurzgeschichten und drei Kapitel meines aktuellen Projekts geschrieben. Andere schaffen ganze Romane in einem Monat, klar, aber was mein Tempo und meine Ansprüche beim Schreiben angeht, waren die Ergebnisse ganz großartig. 😁 Und weil ich Zusammenfassungen mag, wollte ich zu alledem etwas mehr schreiben:
Can’t spell Networking without work
Ein Buch schreibt man meist allein, aber man wird nur besser durch Feedback von anderen und glücklicher, wenn man hin und wieder mal ein menschliches Gesicht „in echt“ sieht. Einer meiner Vorsätze für 2019 (auch unabhängig vom Schreiben) war es, mehr rauszukommen und mehr tolle Leute kennenzulernen – am besten natürlich Autor*innen. Anfang des Jahres habe ich bei einem Schreibkurs für Anfänger*innen mitgemacht, und es war eine nette Erfahrung, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, auch wenn mir wenig des Dargebotenen neu war (was ja auch eine angenehme Erfahrung ist! 😉).
Im März habe ich mich dann erstmals auf die Leipziger Buchmesse getraut, und obwohl ich zwei, drei liebe Menschen getroffen habe, die ich schon von Twitter oder vergangenen Veröffentlichungen kannte, lief ich doch die meiste Zeit eingeschüchtert am Rand herum, ohne mich zu trauen, viele Leute anzusprechen. Es war trotzdem ein tolles Erlebnis, und ich bin 2020 auf jeden Fall wieder vor Ort! Das andere Schreib-Großereignis für mich war dann das LitCamp Hamburg im August, bei dem das Networking, das für mich eher anstrengend ist, viel erfolgreicher war. Ich habe großartige Vorträge und Workshops besucht und tatsächlich einige Autor*innen kennengelernt, mit denen Kontakt geblieben ist und bei denen ich mich schon riesig freue, sie dieses Jahr wiederzusehen!
Auch hier ergab sich manches erst im Nachhinein über Twitter – einschließlich einer Einladung zu einer tollen Schreibgruppe, die sich monatlich trifft, und zum Hamburger Fantasy-Stammtisch. Über zu wenig kreative Menschen in meinem Umfeld kann ich mich also nicht mehr beklagen!
Publish ALL the stories!
Mein genereller Vorsatz, pro Jahr wenigstens einen neuen Eintrag in meiner Bibliografie hinzufügen zu können, wurde mit fünf neuen Veröffentlichungen auch mehr als eingehalten. Weiß gar nicht, wie ich das 2020 toppen soll (okay, mit einem Romandebüt vielleicht 😊). Vorher kam meine 2018 erschienene Geschichte „Schnapp sie alle!“ aber in einer Best-of-Anthologie noch mal raus, das war natürlich sehr cool. Und nicht nur das – ein paar Monate später wurde die Geschichte als Hörfassung aufgenommen und schaffte es auf die Longlist des Deutschen Phantastik Preises! Meine Güte! Für die Shortlist hat es zwar nicht gereicht, aber das war schon aufregend. Vielleicht schaffe ich es ja mal wieder, mich bei den Nominierten einzureihen.
Meine Veröffentlichungen 2019:
„Schnapp sie alle!“ handelt von einer Programmiererin, deren Sohn wie Millionen andere Kinder dem „SpriteMania GO“-Hype erlegen ist und pausenlos mit Smartphone und Augmented-Reality-App magische Wesen sucht. Als die Mutter im Quellcode des Handyspiels stöbert, findet sie heraus, dass die Spieleentwickler vielleicht viel finsterere Pläne verfolgen, als nur Kinder an ihre Handybildschirme zu fesseln. Für Fans von „Pokémon GO“, Freunde virtueller Fabelwesen und Kritiker*innen der manipulativen Welt des Viral Marketing. 🧚📲
„Hutmachers Laterne“ ist eine Gruselgeschichte über einen einsamen Leuchtturmwärter, der unerwartet Besuch von einem gestrandeten Paar bekommt, das er aufnimmt, bis ein Rettungsboot für die beiden kommt. Nicht nur, dass die beiden offenbar gar nicht wieder gehen wollen, der Wärter wird auch immer wieder von den Geistern ertrunkener Seemänner heimgesucht. Für die Geschichte habe ich mich an einem besonderen rhythmisch-poetischen Stil versucht, der von Slam Poetry und Hip-Hop inspiriert ist. Die Leseprobe des Anfangs macht hoffentlich deutlich, was einen erwartet. 👻🌊
„Leviathana“ war die erste Kurzgeschichte, die ich verfasst habe, als ich 2014 durch Stephen Kings Schreibratgeber „On Writing“ dazu inspiriert wurde, auch mal kürzeren Texten eine Chance zu geben. Hier geht es um eine junge Frau, die um 1900 nichts lieber tun würde, als zur See zu fahren, aber von den Limitierungen durch die Gesellschaft zurückgehalten wird. Als sie es doch wagt, wird sie schnell über Bord geworfen und erlebt eine zauberhafte Rettung durch das Meer selbst. Denn die See ist eine Frau, und wo die Welt sich gegen sie wendet, müssen Frauen zusammenhalten. ⛵️🧜♀️
In der fantastischen Anthologie „Aeronautica“ hatte dann meine Steampunk-Heldin ihr Debut: In „Pina Parasol und das verlorene Königreich“ begleitet Pina eine Expedition nach Ägypten, um das sagenumwobene Goldland Punt zu finden, wird in eine Verschwörung hineingezogen, mit einer uralten Prophezeiung konfrontiert und gelangt so schließlich an ihre legendäre fliegende Lokomotive! Ich liebe Pina so sehr, schon jetzt gibt es Pläne für eine ganze Kurzgeschichtensammlung nur mit ihren spannenden Abenteuern. 🚂 🎈
Mit „MOLOCH“ gab es danach mal High Fantasy. Hier ist der Krieger Torren Tausendzahn mit dem Gaukler Panrik, dessen Frau Adja und der Bogenschützin Kendolea unterwegs, um den Riesen Moloch aufzuhalten, der seit Ewigkeiten durch die Lande streift und alles in sich aufnimmt, was er dabei unter den Füßen zermalmt. Trotz der kolossalen Prämisse eine eher ruhige Geschichte in einer Anthologie voller bombastischer Schlachten und epischer Schwertkämpfe. ⚔️⚡️
Und im Dezember erschien noch die Sci-Fi-Geschichte „Chips Chips“ – über Chip, einen unglücklichen Mann, der sich klont, um ein neues Leben anzufangen, während sein Doppelgänger sich um sein altes kümmert. Als die Klonmaschine gleich sieben Kopien produziert und keine von ihnen Lust hat zurückzubleiben, wird schnell klar, dass Chip sich eigentlich nur selbst im Weg steht. Inspiriert von einer sehr stumpfen, ungeliebten Arbeit, die ich einst hatte… 😶😶
No rest for the writing
Natürlich saß ich nicht tatenlos rum, während die Belegexemplare ins Regal wanderten. 😉 Ich war ungewohnt fleißig und habe dadurch schon jetzt einige Veröffentlichungen für 2020 sicher! Geschrieben habe ich:
- eine rasante Solarpunk-Geschichte über eine junge Rennfahrerin, die in einer glänzenden Zukunft in Arenen mit einem Oldtimer gegen selbst fahrende Autos antritt und damit unfreiwillig einen Trend zur absichtlichen Umweltverschmutzung wieder aufleben lässt.
- eine Urban-Fantasy-Geschichte über zwei Studentinnen in einer WG, die eigentlich keltische Pferdedämonen sind und damit hadern müssen, was Tradition von ihnen verlangt, während sie selbst natürlich ihr ganz eigenes modernes Leben leben wollen.
- eine düstere Sci-Fi-Geschichte über eine mechanische Sexpuppe, die mit erwachtem Bewusstsein aus der Fabrik entkommt und erleben muss, wie es sich anfühlt, als junge attraktive Frau allein durch die Nacht zu streifen.
- zwei weitere Abenteuer von Pina Parasol – eines im kolumbianischen Dschungel (exklusiv online zu lesen), eines in einem Zirkus voller Akrobaten, Clowns und Künstler mit Metallprothesen, die sich gegen einen prothesenfeindlichen Mob zur Wehr setzen müssen.
- drei von fünf Kapitel meiner titellosen Weltraum-Adaption von Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte, die ich schon lange in ein anderes Genre adaptieren wollte! Mit etwas Glück wird die Sci-Fi-Novelle (vielleicht ist es auch mehr Space Opera) noch im Frühjahr fertig.
Die größten Highlights betreffen aber mein eigenes Selbstbewusstsein. Ich habe Comics gezeichnet, seitdem ich etwa 8 Jahre alt war, und habe mit etwa 12 Jahren mit dem Schreiben angefangen. Seit 2014 gibt es gedruckte Texte von mir zu kaufen, und doch war ich immer zögerlich damit, mich selbst Schriftsteller zu nennen – meist mit Zusätzen wie „aber ich hab bisher nur Kurzgeschichten veröffentlicht“, „aber ich verdiene kein Geld damit“, „aber mein 40-Stunden-Brotjob ist was anderes“.
Irgendwann im Verlauf des Jahres hat sich das geändert. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich eine zweistellige Anzahl an Kurzgeschichten-Veröffentlichungen erreicht habe. Vielleicht liegt es an der im Juni gelaunchten Homepage (!), mit der ich mich erstmals der Welt als Autor präsentiere. Vielleicht liegt es daran, wie angenehm und mühelos es ist, sich zwischen so vielen anderen kreativen Menschen zu bewegen. Was auch immer es ist – ich freue mich sehr darüber.
Ich bin Schriftsteller!
Und das Romandebut ist nur eine Frage der Zeit. ☀️